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PM Museumsexpert*innen aus Afrika für Forschungsverbot an Gebeinen und Rückübertragung von Kolonialraub

Berlin Postkolonial e.V.

03. August 2020

PRESSEMITTEILUNG

Afrikanische Museumsexpert*innen sprechen sich für ein Verbot der Forschung an den Gebeinen ihrer Ahnen und für die eigentumsrechtliche Rückübertragung aller Kultur- und Naturobjekte aus kolonialen Kontexten aus

Das Goethe Institut hat den Abschlussbericht der Konferenz „Beyond Collecting: New Ethics for Museums in Transition“ in Dar es Salaam am 5./6. März 2020 herausgegeben, an der neben dem Nationalmuseum von Tansania und dem Hamburger Museum am Rothenbaum (MARKK) auch der Verein Berlin Postkolonial beteiligt war. Die vom Auswärtigen Amt finanzierte und von ca. 40 Expert*innen vornehmlich aus afrikanischen Ländern und Deutschland besuchte Konferenz thematisierte wichtige Fragen der transnationalen Zusammenarbeit von Museen.

Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Ausbau von Kooperationen mit Gemeinschaften, denen während der europäischen Kolonialherrschaft nicht nur zahllose Kultur- und Naturobjekte, sondern auch die Gebeine von Tausenden ihrer Ahnen entwendet wurden. Der Konferenzbericht endet mit einer Reihe von „Beschlüssen und Empfehlungen“, die deutlich über das hinausgehen, was in der deutschen und europäischen Kulturpolitik bislang praktiziert wird.

So sollen nicht nur jegliche einseitigen Forschungen an den nach Deutschland und Europa verschleppten Körpern Kolonisierter, die nicht ausschließlich ihrer Rückführung dienen, sofort beendet werden. Es wird auch dazu aufgerufen, dass die jeweiligen Herkunftsgesellschaften „proaktiv über den Verbleib ihrer Ahnen“ informiert und bei deren Repatriierung angemessen unterstützt werden.

Weiter betont der Konferenzbericht, dass die „rechtlichen und moralischen Ansprüche“ von Afrikaner*innen auf „ihre Kulturobjekte“ anerkannt werden müssen. Zuerst sollen Rückgabeprozesse in Fällen der gewaltsamen Aneignung von Ritualobjekten mit zentraler Bedeutung für die Herkunftsgesellschaften in die Wege geleitet werden.

Von besonderer Brisanz ist die Forderung, dass auch die Herkunftsländer von Naturobjekten, die im Zuge des Kolonialismus nach Deutschland und Europa transportiert wurden, als deren „rechtmäßige Eigentümer“ anerkannt werden. Afrikanische Staaten müssen die Möglichkeit haben, selbst darüber zu entscheiden, welche ihrer Naturschätze sie zurückholen und welche sie den Museen im Norden als Leihgaben überlassen wollen.

Mnyaka Sururu Mboro, der tansanische Sprecher von Berlin Postkolonial: „Nun sind Deutschlands Regierung, die Bundesländer und die Kommunen in der Pflicht. Sie müssen den afrikanischen Regierungen und Gemeinschaften die juristische Rückübertragung ihres Kolonialbesitzes anbieten. Der Bund mit seinen umfangreichen Sammlungen in Berlin und Frankfurt sollte hier beispielgebend vorangehen und uns sowohl unsere geraubten Ahnen als auch deren Kulturschätze zurückgeben. Auch Berlins Dinosaurier, die während der deutschen Kolonialherrschaft gestohlen wurden, sollten tansanisches Nationaleigentum sein!“

Kontakt: buero(at)berlin-postkolonial.de, 01799 100 976

Konferenzbericht des Goethe Instituts Dar es Salaam: https://www.goethe.de/ins/ts/en/kul/sup/beyond-collecting.html

Berlin Postkolonial e.V.
Mobil: +49 1799 100 976
bueroatberlin-postkolonial [dot] de