Maji-Maji-Krieg (1905-1907/1908)
Die neu eingeführte Kopfsteuer, die etwa viermal so hoch war wie die bisherige Hüttensteuer sowie das Verbot von Jagd auf Wild und Landenteignungen, zwangen die Kolonisierten zur Arbeit auf den Plantagen. Dabei erlebten sie Demütigungen, Prügelstrafen und Unterdrückung. Als Zeichen des Protests zerstörten im Juli 1905 Angehörige der Wamatumbi deutsche Baumwollfelder. Häuser und Siedlungen wurden geplündert und in Brand gesteckt, Verwaltungspersonal verjagt und Miltärposten gestürmt. Diese Revolte entwickelte sich zu einer Massenbewegung, einem transkulturellen und überregionalen Kampf gegen die Fremdherrschaft, der mehr als 20 Volksgruppen umfasste und sich auf auf ganz Südtansania, ein 100.000qm großes Gebiet erstreckte.
Der Befreiungskrieg (Swahili: Vita vya Ukombozi) bzw. Maji-Maji-Krieg spielt eine große Bedeutung in der Nationalgeschichte Tansanias. Der Name Maji (Suaheli: Wasser) ist auf das religiös-spirituelle Narrativ des Wunderwassers (hergestellt aus Mais, Sorghum und Wasser aus dem Rufiji) zurückzuführen: Der Heiler und Prophet Kinjikitile Ngwale prophezeite bereits 1904, dass es zu einem Aufstand der Einheimischen gegen die Fremdherrschaft kommen würde, und dass die Kämpfer*innen durch das Maji gegen die Gewehrkugeln der Deutschen unverwundbar seien. Die Kugeln werden – je nach Versprechen – an den einheimischen Kämpfer*innen wie Wasser abperlen oder sich in Wasser verwandeln.
Da die einheimischen Kämpfer*innen anfangs zahlenmäßig deutlich überlegen, sowie durch das Maji-Versprechen motiviert, geeint und organisiert waren, erzielten sie anfangs schnelle Erfolge. Sie brachten fast die Hälfte des Kolonialgebietes unter sichere Kontrolle, während die Deutschen weder den Überblick noch militärische Mittel hatten dagegen anzugehen. Aufgrund der moderneren Waffen und der immer größer werdenden Schutztruppe verloren die afrikanischen Kämpfer*innen aber immer öfter in offenen Feldschlachten. Sie gingen zu einer Guerillataktik über und nutzen Überaschungsangriffe und Lokalkenntnisse zu ihrem Vorteil.
Die Antwort der Deutschen auf den Widerstand war eine Politik der «Verbrannten Erde»: Durch die Zerstörung und Vernichtung von Brunnen, Feldern, Ernten, Vieh und Häusern nahm man den Einheimischen die Lebensgrundlage und zwang sie zur Unterwerfung. Mit der Zeit brach der Widerstand in sich zusammen, die Zivilbevölkerung unterstützte den Aufstand nicht mehr. Zusätzlich töten die deutschen Truppen Kämpfer*innen in Schlachten und Expeditionen, henkten Anführer und zwangen die Bevölkerung bei Hinrichtungen zuzuschauen. Gouverneur von Götzen erklärte den Krieg im Sommer 1907 für beendet, einzelne Kämpfe gab es aber bis 1908. Zwischen 180.000 und 300.000 Menschen verloren ihr Leben, davon knapp 1000 auf deutscher Seite.
"_blank">Bildquelle: Ngoni chief Songea Mbano, von Downluke - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link (Interessante Hintergrundinformation zu dem Bild). Text: Henriette Seydel